Ein Stück Kindheit am Lago Maggiore

Cannobio von oben

Schon lange wollte ich dieses besondere Fleckchen Erde, an dem ich in meiner Kindheit über 16 Jahre jeden Sommer mehrere Wochen verbrachte, auch meinen Kindern näherbringen. Ostern 2023 sollte es dann so weit sein. 

Bella Italia, wir kommen!

Die knapp 800 km lange Fahrt zu unserem Ziel oberhalb von Cannobio meisterten wir mit dem üblichen Fastfood-, Tablet- und Handykonsum der Kinder relativ stressfrei. Leider war der Gotthard Pass noch gesperrt, den ich wegen des Panoramas bevorzugt hätte, aber die Fahrt durch den Tunnel verlief problemlos. Als wir am späten Nachmittag ankamen, erwartete uns der Lago Maggiore bei strahlendem Sonnenschein. 

Blick von Sant‘Agata

Die Sache mit der Selbstverpflegung

Um uns in dem kleinen Berghäuschen von Freunden selbst versorgen zu können, stand als erstes der Einkauf im Supermarkt von Cannobio an. Dabei durfte ein ausreichend großer Vorrat an Lemonsoda – und das erste Gelato an der Promenade – nicht fehlen. Da wir in unserem Häuschen auf die Grundausstattung an haltbaren Lebensmitteln und Gewürzen zurückgreifen konnten, benötigten wir lediglich frische Lebensmittel und Getränke. Die Supermärkte in Cannobio sind vermutlich aufgrund der Nähe zur Schweizer Grenze etwas teurer als der Landesdurchschnitt, aber auch nicht viel teurer als in Deutschland. Wer sich vor allem mit Grundnahrungsmitteln ausstatten möchte, kann dies sonst auch bei Aldi in Locarno tun. Beachtet dabei nur, dass Fleisch und Milch(produkte) in der Schweiz viel teurer sind als in Italien. Auch ohne fließend Italienisch zu sprechen, kann man sich gut verständigen. Im Tessin kommt man mit Deutsch ganz gut klar, in Italien spricht vor allem die jüngere Generation auch Englisch. Und wenn nichts mehr hilft, dann eben mit Händen und Füßen – die Italiener sind ja schließlich auch bekannt für ihre Gestik!

Wie man die Kinder auch ohne Kinderclub beschäftigt

Da die Wettervorhersage für die nächsten Tage eher wechselhaft war, wollten wir unsere Unternehmungen spontan von Tag zu Tag planen. Auch wenn wir diesmal auf italienischer Seite in einem kleinen Bergdorf namens Sant’Agata oberhalb von Cannobio wohnten, lag der Schwerpunkt doch im Schweizer Tessin – rein aus Gewohnheit. Da man ständig über die italienisch-schweizerische Grenze fährt, unbedingt an die Pässe denken!

Auch wenn ich mich zwischen Ascona, Locarno und Cannobio gut auskannte, hatte ich einen Aufenthalt mit bzw. für Kinder bis dato dort noch nie geplant. Also recherchierte ich von zu Hause aus, was die Region für unsere jüngeren Familienmitglieder zu bieten hatte. Dabei stieß ich vor allem auf die verschiedenen Touristeninformationsseiten mit entsprechenden Rubriken speziell für Familien. Und was soll ich sagen: vor allem im Sommer, aber auch schon Ostern bzw. ganzjährig gibt es für Groß und Klein eine Menge zu entdecken und erleben: Von Spaßbad über Schatzsuche, Kletterpark und Wanderung bis hin zu Bootstouren und Museen ist alles möglich. 

Cannobio

Da uns am nächsten Morgen widererwartend die Sonne weckte, ging es den Berg runter nach Cannobio. Die Fahrt von Sant’Agata zum Stadtkern dauert gerade mal zehn Minuten. Dort spazierten wir durch den Stadtkern, an der Promenade entlang und zur Flussmündung des Cannobino, wo die Kids im Flussbett Steine ins Wasser werfen konnten. Unser Jüngster wollte auch unbedingt selbst ins Wasser – zumindest mit den Füßen. Gesagt, getan…Sonntags findet entlang der Seepromenade der bekannte Wochenmarkt statt. Neben Lebensmitteln werden hier auch Lederwaren, Textilien und diverse typische Mitbringsel angeboten. Allein um vor einem der vielen Cafés einen Espresso oder Café zu trinken, das Treiben zu beobachten und ein bisschen „Dolce Vita“ zu erleben, lohnt sich der Besuch!

Promenade in Cannobio

Locarno

Zwei Tage waren leider total verregnet, sodass wir uns das 30 Minuten entfernte Lido di Locarno, ein Schwimmbad mit Wasserrutschen am Stadtrand von Locarno, vornahmen. Im Sommer kann man auch das wunderschöne Freibad direkt am See nutzen. Die Preise sind – wie alles in der Schweiz – nicht ganz günstig, es gibt aber Familientarife für Familien mit einem oder zwei Erwachsenen. Aber Achtung: die Rutschen sind teils wirklich nicht ohne – vor allem die Loopingrutsche. Hier solltet Ihr unbedingt die Altersbeschränkung beachten und das Können Eures Kindes gut einschätzen. 

Piazza Grande in Locarno

Locarno selbst ist immer einen Ausflug wert. Wir parken meist in der Tiefgarage gegenüber des Casinos (Parking Centro). Die Città Vecchia, die Altstadt, lädt zum Flanieren und Shoppen ein. Dabei darf auch der Piazza Grande nicht fehlen, auf dem allsommerlich das Locarno Film Festival stattfindet. Auf der Seite des Tourismusverbandes Ascona Locarno findet man eine (kostenlose) Schatzsuche quer durch Locarno für Familien, bei der es sogar bei erfolgreicher Teilnahme etwas zu gewinnen gibt. Leider konnten sich meine Kinder diesmal nicht dafür begeistern…vielleicht dann beim nächsten Mal.

Ascona

Wer Locarno und die kleinen Sträßchen mag, wird Ascona lieben: die vielen Gassen mit den unzähligen Boutiquen und Galerien, die (gefühlt) teuerste Kugel Eis und die wunderschöne Seepromenade. Der Spielplatz direkt am Wasser bietet den Kindern eine großartige Gelegenheit zum Austoben und den Erwachsenen eine Möglichkeit, bei einem tollen Blick auf den Lago zu verschnaufen. Von Sant’Agata aus fährt man bis zum Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Spielplatzes direkt am Wasser (Posteggio Lungolago) knapp 30 Minuten.

Promenade in Ascona

Nicht jede*r ist für eine Stadterkundung und das Shoppen/Flanieren zu haben. Wer lieber die Natur entdecken möchte, kann dies unter anderem im Valle Verzasca und Vallemaggia.

Vallemaggia

Wir haben zum Beispiel zwischendurch einen eintägigen Roadtrip quer durchs Vallemaggia unternommen. Start war im eine Stunde entfernten Cevio. Vom Parkplatz in Foroglio läuft man circa zehn Minuten zum schönen Wasserfall „Cascata di Foroglio“. Die Kinder hätten stundenlang auf den Steinen herumklettern können. Beinahe wäre unser Jüngster nicht mehr runtergekommen – also Vorsicht! Foroglio selbst, ein kleines Steindörfchen, ist auch mindestens ein Foto wert. Nächster Halt nach wenigen Kilometern war am Wasserfall „Cascata Grande di Bignasco“ im gleichnamigen Dörfchen Bignasco. Von dort aus haben wir uns einfach Stück für Stück entlang der Maggia treibenlassen, spontan dort gehalten, wo es für uns interessant aussah und die Kinder gut im Flussbett herumspringen und -klettern konnten. Und im Nu war der Tag vorbei.

Wasserfall in Foroglio

Valle Verzasca

Einen zweiten (Halb-)Tagestrip fuhren wir durch das Valle Verzasca. Einer der Höhepunkte war auf jeden Fall die 40 Minuten entfernte Staumauer am Lago Vogorno, wo schon James Bond in Golden Eye hinabsprang. Hier kann man in den wärmeren Monaten an gleicher Stelle auch Bungy Jumpen. Ein weiteres Highlight war die wenige Kilometer entfernten „Ponte dei Salti“ in Lavertezzo, eine mittelalterliche Steinbrücke über die Verzasca. Ansonsten ließen wir uns wieder treiben, wohin und solange die Kinder wollten.

Ponte dei Salti

Wandern am Lago Maggiore

Wanderfreunde kommen am Lago Maggiore auch auf ihre Kosten. Ich bin zwar kein großer Fan von Wandertouren, mein Mann dafür umso mehr. 

Von Locarno aus kann man zum Beispiel über Orselina oder direkt mit der Bergbahn auf den Cardada, auf dem früher im Winter auch Ski fahren möglich war.

Monte Giove

Während unseres Aufenthaltes ging es diesmal „nur“ auf den Hausberg von Sant’Agata: hinter der Kirche über San Luca und Marcalone zum Gipfelkreuz von Monte Giove. Mit (älteren) Kinder bis San Luca gut machbar, danach hatten meine (wie so oft, ganz die Mama ;-)) keine Lust mehr. 

San Luca

Ein Stück Vergangenheit

Für mich persönlich durfte während unseres Aufenthaltes am Lago Maggiore ein Stopp im kleinen, verschlafenen Städtchen Brissago nicht fehlen. So viele Erinnerungen an die Familienurlaube meiner Kindheit verbinde ich mit der Via Debarcadero 12. Hier haben wir Kinder das damalige Hausmeisterpärchen mit unseren (verbotenen) Sprüngen vom Beckenrand fast in den Wahnsinn getrieben und hier habe ich Freunde fürs Leben gefunden.

Auch wenn die Touristeninfo eine (kostenpflichtige) Schatzsuche anbietet, hat der Ort abgesehen von einer kleinen, neu renovierten Seepromenade und spätestens nach Schließung des Dannemann Werkes, dessen Führungen richtig interessant waren, nicht mehr allzu viel zu bieten. 

Mein Restauranttipp

Da wir bisher immer privat am Lago Maggiore unterkamen, kann ich leider keine Hotel- oder Ferienwohnungsempfehlung aussprechen. Aber wenn Ihr eine typisch italienische Trattoria sucht und dafür (je nachdem, wo Ihr übernachtet) auch ein bisschen fahren wollt, kann ich Euch die Trattoria della Volpe in Sant’Agata sopra Cannobio ans Herz legen. Am besten nach den aktuellen Öffnungszeiten schauen und vorher einen Tisch reservieren! 

Wer vorher noch einen Aperitivo mit sensationellem Ausblick über den Lago Maggiore genießen will, kann dies in der Bar direkt gegenüber der Kirche in Sant’Agata tun. Hier kann man auch typisch italienisch frühstücken oder nach/während einer Wanderung einkehren.

Parkplätze sind vor der Kirche sehr begrenzt vorhaben. Falls Ihr dort nicht fündig werdet, versucht es am besten auf dem Wanderparkplatz etwas weiter unten und lauft die 300 Meter hoch…mit Kinderwagen allerdings sehr steil…

Aperitivo in Sant‘Agata

In diesem Sinne: Ciao e a presto!

Hilfreiche Links:

https://www.ticino.ch/de/discover/themes/family.html

https://www.ascona-locarno.com/de/erleben/familienferien

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