Kölle alaaf! – Ein Imi feiert Karneval

Rosenmontagszug 2023 in Köln-Deutz

„Waaaaaas?! Du schreibst über den Karneval?“ „Das feiert man doch nur, da kann man doch nicht ’ne ganze Facharbeit drüber schreiben!!!!“ „Wie kommst du denn auf so ’ne komische Idee?!“ (…) Ein Grund dafür ist, dass ich selbst eigentlich keine richtige Karnevalistin bin, aber trotzdem herausbekommen wollte, worin die Faszination des Karnevals überhaupt liegt…

So begann damals in Stufe 12 meine Facharbeit im Fach Italienisch. Klingt komisch, hatte aber damit zu tun, dass unser Italienaustausch nach Viareggio zur Zeit des dortigen Karnevals stattfand. So kam ich auf die Idee, beide Bräuche miteinander zu vergleichen.

Und nun schreibe ich gut ein Jahrzehnt später wieder über den (Kölner) Karneval – wer hätte das gedacht! Aber diesmal soll es natürlich kein Vergleich werden, sondern ein kleiner Einblick in die Karnevalswelt Kölns, die auf Außenstehende sonderbar, teils wahrscheinlich sogar verstörend wirkt.

Wenn man wie ich mit einem waschechten Kölner verheiratet ist, kommt man bzw. frau auch als (ehemaliger) Karnevalsmuffel nicht drumherum. Neben der kölschen Sprache wurde spätestens seit der jüngsten Kindheit unseres Nachwuchses die Brauchtumspflege hochgehalten. Und selbst in meinem Heimatstädtchen wird Karneval großgeschrieben: wir haben einen eigenen Karnevalszug am Samstag und diverse Karnevalssitzungen und -partys für groß und klein.

Fußgruppe im Karnevalszug

Aber fangen wir vorne an – vor allem für diejenigen unter Euch, für die Karneval (nicht Fasching oder Fastnacht, nein KARNEVAL) kein Begriff ist: Jährlich am 11.11., wenn unsereins auf Umzügen St. Martinslieder mit den Kindern um die Wette schmettert, beginnt ab 11:11 Uhr in Köln die fünfte Jahreszeit. Die Karnevalsbegeisterten – auch Jecken genannt – versammeln sich auf dem Heumarkt, dem Alter Markt und der Zülpicher Straße, um den Beginn der „Session“ gebührend zu feiern. Alles, was im Kölner Karneval Rang und Namen hat – spätestens nach der Prinzenproklamation auch das Dreigestirn – bestreitet von nun an bis Aschermittwoch einen volleren Terminkalender als so manch ein Weltstar auf (Promo-)Tour. Bis Weihnachten und ab Neujahr gibt es unzählige Karnevalssitzungen für unterschiedlichstes Publikum. Weiberfastnacht – oder Wieverfastelovend, wie der Kölner sagt, ist dann der Startschuss für den Straßenkarneval. An den sechs Tagen bis Aschermittwoch finden zusätzlich diverse Karnevalszüge statt. Der bekannteste davon ist wohl der Rosenmontagszug.

Wer noch mehr Einblicke in den Kölner Karneval (und seine Geschichte) bekommen möchte, dem lege ich wärmsten den Film anlässlich des 200 jährigen Jubiläums aus der ARD Mediathek ans Herz – den Link findet Ihr unten!

Obwohl ich mit einer Karnevalsbegeisterten Mutter aufgewachsen bin, konnte ich als Kind und Jugendliche abgesehen von unserem Samstagsumzug und vielleicht einigen privaten Kinderkarnevalspartys nichts mit Karneval anfangen. Ich fand vor allem den allgegenwärtigen unkontrollierten und massiven Alkoholkonsum und das damit einhergehende unzurechnungsfähige Verhalten etlicher Jecken abstoßend und in keinster Weise nachvollziehbar. Diese Sichtweise auf den Karneval änderte sich aber über die Jahre dank der Erfahrungen mit den passenden Jecken. Abseits der typischen Touristen-Magneten und mit den richtigen Leuten kann man und frau nämlich Karneval auch ohne (viel) Alkohol wunderbar feiern. Und auch Kinder können (vor allem am Straßen-)Karneval problemlos teilnehmen. Mittlerweile tanzen unsere beiden Mädchen hier in unserer Heimatstadt Garde im Tanzverein, sodass Karneval in unserem Familienleben gar nicht mehr wegzudenken ist.

Figuren des Rosenmontagszuges 2023

Hier ein paar Veranstaltungen in Köln für groß und klein:

Lachende Kölnarena – speziell für Kinder auch die Lachende Pänzarena

Die Lachende Kölnarena ist die größte Karnevalssitzung Kölns mit Selbstverpflegung und bietet in der Lanxessarena während der rund sechs Stunden ein Programm mit den Stars der karnevalistischen Musikszene, den traditionellen Garden, dem Kölner Dreigestirn und den Besten der kölschen Rednerzunft. Da man sein Essen und Trinken selbst mitbringen kann, ist diese Sitzung sehr beliebt. Wir waren des Öfteren schon Gast in der Lachenden Kölnarena. Am meisten Spaß macht es uns tatsächlich als Teil einer größeren Gruppe. So kann man sogar mit ein wenig Organisation ein schönes kleines Buffet auf die Beine stellen und ist auch feiertechnisch unabhängig von den SitznachbarInnen drumherum.

Stunksitzung

Die Kölner Stunksitzung, die erstmals 1984 stattfand, ist eine renommierte satirische Bühnenshow, die jährlich in der Karnevalszeit in Köln stattfindet. Die Veranstaltung kombiniert Comedy, Musik und politische Satire, um aktuelle Ereignisse auf humorvolle und kritische Weise zu kommentieren. Durch originelle Sketche, Gesangseinlagen und pointierte Darbietungen persifliert sie prominentes Zeitgeschehen, Politik sowie lokale und nationale Persönlichkeiten. Die Stunksitzung, die mittlerweile traditionell im Kölner E-Werk stattfindet, ist bekannt für ihren scharfen, ironischen Humor und ihre kritische Betrachtungsweise, die das (nicht zwingend kostümierte) Publikum gleichermaßen unterhält und zum Nachdenken anregt. Leider sind die Karten so heiß begehrt, dass manch einer die Nacht vor Verkaufsstart bereits vor dem Ticketschalter campiert, um die Eintrittskarten zu ergattern. Wir Erwachsenen waren schon einige Male auf einer der Sitzungen und fanden es jedes Mal richtig gut. Ich würde die Stunksitzung auch weniger Karnevalsbegeisterten empfehlen – am besten, man versteht auch das ein oder andere kölsche Wort.

Für Kinder veranstaltet nahezu jede Karnevalsgesellschaft eigene Sitzungen und Partys. Die Termine und Hinweise dazu findet Ihr unten in den hilfreichen Links.

Bühnenbild der Stunksitzung 2019

Geisterzug

Der Geisterzug in Köln ist eine alternative, närrische Karnevalstradition. Bei Einbruch der Dunkelheit ziehen kostümierte Teilnehmer mit phantasievollen, gruseligen Motiven am Karnevalssamstag jedes Jahr mit einem speziellen politischen Motto durch die Straßen eines anderen Kölner Stadtteils. Mit politischer und gesellschaftskritischer Satire präsentiert der Umzug eine unkonventionelle Perspektive, betont Kreativität und individualistische Ausdrucksformen im Karneval. Leider haben wir es bisher nicht zum Geisterzug geschafft. Zu unseren Kölner Zeiten mussten die Kids währenddessen schon ins Bett und jetzt sind wir meist wegen des Tanzens der Mädchen anderweitig eingespannt. Aber ich habe immer nur positives aus dem Freundes- und Bekanntenkreis gehört.

Rosenmontagszug

Der Rosenmontagszug in Köln ist der Höhepunkt des Karnevals. Aufwändig gestaltete Wagen, kostümierte Gruppen und Musikkapellen ziehen durch die Stadt. Mit humorvollen Motiven, politischer Satire und fröhlicher Stimmung feiert der Zug die Tradition, Kreativität und Lebensfreude der Stadt. Schon als Kind war ich völlig baff von den teils enorm hohen Wagen und den Mengen an Wurfmaterial.

Wir waren mit den Kindern bisher nur im Jubiläumsjahr 2023 an der Zugstrecke und haben mit rund drei Stunden gerade einmal die Hälfte des Umzuges bewundert. Danach waren die Füße platt und die Beutel voll, sodass wir den Nachhauseweg antraten. Bei der Menge an Menschen bin ich sehr zwiegespalten, ob man sich den Umzug mit (kleineren) Kindern wirklich anschauen sollte. Wenn man vielleicht Freunde und Bekannte an der Wegstrecke wohnen hat, bei denen man im besten Fall das Geschehen aus dem Fenster mitverfolgen kann, ist das natürlich etwas anderen. Aber ohne Ortkenntnisse und ohne Rückzugsort – schon allein für Toilettengänge – kann sich der Ausflug zum RoMo schnell zu einer ziemlich unentspannten Sache entwickeln. Wer dennoch zuschauen möchte, sollte wesentlich früher als der erste Wagen vor Ort sein, um noch einen guten Platz am Straßenrand zu ergattern. Aber eigentlich würde ich persönlich mit Kindern eher einen der vielen Veedelszöch anschauen.

Mädchensitzung im Pullmann Januar 2024

Schull- und Veedelszöch

Die Schull- und Veedelszöch sind bzw. ist der traditionelle Karnevalsumzug am Sonntag in Köln, bei denen Schulen und lokale Gemeinden mit selbst gestalteten Kostümen, Musik und Tänzen den nahezu gleichen Weg wie der Rosenmontagzug durch die Straßen ziehen. Früher ganz ohne Wurfmaterial, kann man als ZuschauerIn heutzutage durchaus mit Beuteln voller „Kamelle“ nach Hause gehen. Ähnlich wie beim Rosenmontagszug würde ich – wegen der oben bereits beschriebenen Bedenken – den Besuch mit Kindern nicht uneingeschränkt empfehlen.

Umzüge in den Veedeln

Beinahe jedes der 86 Stadtteile Kölns hat während der jecken Tage einen eigenen Umzug. Die wirklich sehr liebevoll und kreativ gestalteten Wagen und Fußgruppen bestehen meist aus Schulen und Vereinen des jeweiligen Stadtteils. Wenn man wie wir sogar Verwandtschaft und einen Freundeskreis in Köln hat, ist es besonders aufregend, das ein oder andere bekannte Gesicht in den jeweiligen Gruppen zu entdecken. Nicht selten bekommen die Kids dann noch mal ein extra „Kamellcher“ oder „Strüssje“. Die Umzüge sind bei weiten nicht so lang wie der Rosenmontagszug und auch nicht annährend so gut besucht. Hier findet man auch mit kleinen Kindern gefahrlos einen schönen Platz am Straßenrand und kann das Geschehen bestens beobachten.

D’r Zoch kütt – das erste Fahrzeug im Rosenmontagszug 2023

Kneipenkarneval

Der Kneipenkarneval startet wie der Straßenkarneval so richtig am Vormittag von Weiberfastnacht. Oftmals wird das Inventar der Kneipen größtenteils weggeräumt, um so viel Platz wie möglich für die feierwilligen Jecken zu schaffen. Dann wird sechs Tage lang durchgefeiert. Aus eigener Erfahrung kann ich hier auch nur empfehlen, die bekannten Hotspots der Innenstadt zu meiden und auf die Veedel auszuweichen. Wir hatten bisher die besten Karnevalsabende an den weniger populären Tagen wie Freitag und Sonntag, da die meisten Jecken Donnerstag bereits vormittags starten und demnach freitags häufig pausieren, um Samstag noch einmal nachzulegen. Demnach sind freitags und sonntags meist nur der harte Kern und nicht die üblichen Touristenströme unterwegs. Einen guten DJ vorausgesetzt, der Karnevalslieder nicht mit Ballermannhits verwechselt, sind die Kneipen an diesen beiden Tagen etwas leerer und die Stimmung meist besser. Geschunkelt und gesungen wird mit allen Partygästen, ob bekannt oder unbekannt, bis Dienstagabend der Nubbel für das ganze „Elend“ (und die ein oder andere Sünde) verantwortlich gemacht und zu späterer Stunde deshalb verbrannt wird. 

Denn am Aschermittwoch ist alles vorbei…

Und wer die ein oder andere Karnevalsbekanntschaft im Nachhinein suchen möchte, dem empfehle ich die Durchsicht der lokalen Tageszeitungen in der Woche ab Mittwoch. Dort findet man seitenweise Anzeigen, welcher Wolf sein Rotkäppchen sucht…

Wenn Ihr sonst Tipps und Tricks rund um Karneval braucht oder Fragen habt, schreibt uns einfach an!

In diesem Sinne: Kölle alaaf!

Hilfreiche Links:

https://www.ardmediathek.de/video/heimatflimmern/alaaf-200-jahre-koelner-karneval/wdr/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLTk1ZjYyYzg4LWZmYjQtNGQ1Ni05N2I0LWM4YWE3MjhhNzA0Nw

https://koelnerkarneval.de

https://www.koeln.de/karneval

https://stunksitzung.de

https://www.ksta.de/koeln/karneval-in-koeln/kinderkarneval-in-koeln-termine-653193

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